Die Navigation dient der Orientierung auf See und soll uns die wichtige Frage beantworten, in welche Richtung müssen wir unser Schiff steuern, um an unser Ziel zu gelangen ?
Häufig wird dabei übersehen, dass diese Frage nur beantwortet werden kann, wenn wir unseren Standort kennen.
Also ist die Frage, wo bin ich, ist wesentlich wichtiger, als die Frage, in welche Richtung muss ich mein Schiff steuern ?
Weil, die zu steuernde Richtung abhängig ist vom jeweiligen Standort. Dazu ein kleines Beispiel.
Wir wollen eine Insel ansteuern und befinden uns nördlich von dieser Insel, also auf der Position <1>, dann müßten wir, um zu der Insel zu kommen, unser Schiff in Richtung Süden steuern.
Würden wir uns östlich <2> der Insel befinden, müßten wir nach Westen fahren. Hingegen müßten wir in Richtung Norden segeln, wenn wir uns südlich <3> der Insel und nach Osten, wenn wir uns westlich <4> von der Insel befinden.
Nehmen wir der Einfachheithalber einfach an, dass unser Standort bekannt ist und wir uns auf der Position <1> in unserem vorherigen Beispiel befinden.
Nach wie vor wollen wir zu dieser Insel und selbstverständlich müssen wir unser Schiff in Richtung Süden steuern !
Doch egal in welche Richtung wir auch schauen, wir sehen nur Wasser, soweit das Auge reicht, nur Wasser.
Wir blicken in den Himmel und sehen nur Wolken, doch wo ist nun bitteschön der Süden ?
Rechts oder links neben uns, oder vor bzw. hinter uns.
Da wir alle mal in der Schule gelernt haben, dass die Sonne im Osten aufgeht brauchen wir eigentlich nur auf den nächsten Sonnenaufgang zu warten und könnten dann die anderen Himmelsrichtungen davon ableiten.
Doch der Himmel ist bedeckt und ob am nächsten Morgen die Sonne scheint, erscheint uns fragwürdig ?
Als die Nacht hereinbricht sitzen wir an Deck und grübeln, welche Möglichkeiten wir noch hätten um die Himmelsrichtungen ausfindig zu machen.
Langsam reißt die Wolkendecke auf und gibt uns die Sicht auf ein Meer von Sternen frei. Uns fällt sofort ein, der Nordstern, der wie der Name es schon sagt nahe dem Nordpol steht.
Wenn wir wüssten welcher Stern der Nordstern ist, dann könnten wir auch hieraus wieder die Himmelsrichtungen ableiten.
Doch wir haben das Glück, dass nach einer Überlieferung vor knapp 5.000 Jahren einem Chinesen ein sonderbarer Stein auffiel, der auf ein Holzbrettchen gelegt und damit schwimmend auf dem Wasser, sich immer in die gleiche Richtung ausrichtete.
Egal ob am Tage oder in der Nacht, bei Sonnenschein, Regen oder Nebel, ob im Freien oder in einer Höhle, es zeigte immer in die gleiche Richtung.
Es war die Urform von einem Kompass und ermöglichte erstmals dem Menschen so weit auf das Meer hinaus zu segeln, bis man kein Land mehr sah und auch bei bedecktem Himmel wieder sicher zurück fand.
Diese Einteilung war die kleinste und war durch einen Strich auf dem Kompass markiert.
Eine Kursänderung zum Beispiel von "Nord auf Nord zu Ost" war für eine klare Kommandosprache abträglich und so setzte sich der Begriff "Strich" durch.
Die Kursänderung wurde einfach mit "Strich Steuerbord" angesagt.
Noch heute finden wir diese Bezeichnung in Filmen wieder, wenn es z.B. heißt "drei Strich backbord".
Obwohl solche Bezeichnungen mittlerweile in der Seefahrt ausgedient haben, macht es sich wohl offensichtlich sehr gut in Filmen.
Also, schauen wir doch einfach mal auf unseren Steuerkompass, der verrät uns in welche Richtung wir unser Schiff steuern.
Doch was sehen wir da ? 315°, kein Nord oder Süd und auch kein Ost oder West ! Einen Zahlenwert gefolgt von einer hochstehenden Null.
Die hochstehende Null ist das Zeichen für Grad und somit handelt es sich um einen Winkel von 315 Grad.
Wir erinnern uns wieder an unsere Schulzeit. Der Vollkreis hatte 360° und wenn wir an einer Stelle stehen ( dem Standort <1> ) können wir jedes Ziel ( Punkt <2> oder <3> ) erreichen durch einen entsprechenden Winkel.
Doch wo fängt der Kreis an. Bei null ist doch klar und wo ist null ?
Wie gut, dass man festgelegt hatte, dass es die Richtung ist, in der die Kompassnadel immer zeigt, Magnetkompass-Nord <MgN>.
Nicht zu verwechseln mit dem Nordpol, denn der magnetische Nordpol liegt gut 2.000 km südlich vom Nordpol, im Norden Kanadas.
Was sehen wir ? Wir sehen, dass die Gradzahlen im Uhrzeigersinn steigen und falls es uns noch nicht aufgefallen ist, dass die Richtung Ost nicht mit "O" bezeichnet wird, sonden mit "E" vom englischen "East".
Darauf hat man sich international geeinigt um Verwechselungen mit einer numerischen Null auszuschließen.
Jetzt können wir auch die 315° einer Richtung zuordnen. Es ist Nordwest! In dieser Richtung würden wir aber unsere Insel nie erreichen.
Wir müßten unsere Yacht auf 180° ausrichten, was der Südrichtung entspricht.
Jedes Ziel das wir optisch sehen können, könnten wir so auch ansteuern und wird als "auf Sicht fahren" bezeichnet.
Doch meistens liegt das anzusteuernde Ziel außerhalb unserer Sichtweite und wir können mit unsere Yacht nicht so einfach auf den Zielort zusteuern.
Wenn wir z.B. aus Gibraltar auslaufen und zu den Kanarischen Inseln wollen, können wir die ja auch nicht sehen und unsere Yacht in diese Richtung lenken. Doch schauen wir uns mal, wie es andere machen.
Der Wanderer, der sein Ziel nicht sieht benutzt meistens eine Wanderkarte. Der Autofahrer benutzt in solchen Fällen eine Straßenkarte und wir ?
Wir könnten eine Seekarte benutzen ! Jede Karte dient einem bestimmten Zweck. Die Wanderkarte zum Wandern.
Die Straßenkarte zum Autofahren und die Seekarte dient der Schifffahrt.
Doch alle Karten haben etwas gemeinsames.
Je nachdem für welchen Zweck sie erstellt wurden, sind die jeweils wichtigen Dinge entsprechend hervorgehoben und daher fetter gedruckt.
Würde man z.B. aus einer Wanderkarte die Breite eines Wanderweges maßstabsgerecht hochrechnen, dann wäre selbst eine Autobahn nur ein Trampelpfad dagegen.
Selbst bei einer Straßenkarte wäre die Breite einer Autobahn maßstabsgerecht in die Realität übertragen so breit, dass eine Start-oder Landebahn auf einem Flughafen dagegen nur wie ein Feldweg wirkt und bei einer Seekarte ?
Schifffahrtszeichen, also Tonnen sind z.B. in einer Seekarte eingetragen, weil sie für die Schifffahrt wichtig sind.
Doch wenn wir die Größe einer Tonne aus einer Seekarte heraus berechnen, dann ist ein Hochhaus nichts dagegen !
Wir sollten es auch nie vergessen, dass eine Karte nur eine Momentaufnahme ist. Selbst wenn wir gerade mit der neuesten Wander-, Straßen- oder Seekarte aus einem Laden kommen, ist diese bereits veraltet.
Denn bevor eine Karte verkauft werden kann, müssen erst einmal die dazugehörigen Daten erfasst und aufbereitet, gedruckt und ausgeliefert worden sein.
Für eine Seekarte bedeutet das nichts anderes, als dass die Natur auch in dieser Zeit am Untergrund weiter gearbeitet hat und wir uns daher z.B. auf die Tiefenangaben in einer Seekarte weder verlassen, noch jemanden haftbar machen könnten, falls wir Widererwarten doch einmal auflaufen sein sollten.
Der Skipper trägt die alleinige Verantwortung für einen eventuell eingetretenen Schaden !
Wenden wir uns der Seekarte zu. Jede Seekarte sollte nach Möglichkeit drei Anforderungen genüge leisten.
Abbildungsgetreu, Winkelgetreu und die Kurslinie eines Schiffes sollte man als eine gerade Linie einzeichnen können.
Darüber hinaus sollte man Entfernungen unkompliziert entnehmen und ohne Umrechnung schnell und sicher ermitteln können.
Das klingt alles sehr einfach, doch wenn man in die Details geht merkt man sehr schnell, dass es schwieriger ist als gedacht.
Dabei spielt der Kampf mit dem Papier nur eine untergeordnete Rolle, denn meistens sind die Navigationstische auf den Yachten einfach zu klein für die "großen" amtlichen Seekarten, die vom BSH ( Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie ) heraus- gegeben werden.
Die Sportbootkarten, die üblicherweise im DIN A 2 Format vom BSH oder anderen Verlagen gedruckt werden, erweisen sich als wesentlich handlicher.Man hat dann eben ein paar Seekarten mehr an Bord.
Wenn wir eine zweidimensionale Fläche vor uns haben, wie z.B. ein Schachbrett, so ist es kein Problem dies in eine Kartenform umzuwandeln.
Wir können jeden Punkt auf dieser Fläche und auch in der dazugehörigen Karte problemlos und genau bestimmen, durch den Schnittpunkt zweier Linien.
Eine vertikale Linien ( blau ) schneidet eine horizontale Linien ( rot ) und die Schnittfläche ( grün ) würden wir als "d4" bezeichnen. Wem diese Schnittfläche zu groß erscheint kann durch Unterteilungen z.B. 4,01 bzw. 4,012356 und so weiter feinere Linien verwenden, die zu einer kleineren Schnittfläche führen und auf diese weise kann man einen genaueren Punkt bestimmen.
Doch leider ist unsere Erde kein Schachbrett und schon ein Hügel oder ein Berg in der Landschaft bereitet uns Probleme ! Vereinfacht können wir sagen, ein Hügel oder Berg ist nichts anderes als ein Kegel. Das Problem bei einem Kegel ( Berg ) ist, dass die Oberfläche größer ist als die Grundfläche und damit eine eins zu eins Abbildung unmöglich.
Ein kluger Mann hat mal gesagt," Die Schweiz ist ein großes Land, wenn man die Berge glatt zieht." Doch nicht genug damit jetzt kommt auch noch die Erde hinzu.
Im Mittelalter waren die Klöster das geistige Zentrum jener Zeit und würde man ihre Funktion auf die heutige Zeit übertragen, so könnte man sie mit Hochschulen oder auch mit Forschungszentren vergleichen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die ersten Darstellungen der Erde in Klöstern entstanden. Der Zeit entsprechend stand natürlich der kristliche Glaube im Mittelpunkt und verbildlicht natürlich Rom, dass damalige Zentrum der Welt.
Über den Atlantik konnte man nicht sehen, folglich war westlich von Europa die Welt zu ende. Die Segeltechnik war noch nicht so weit entwickelt, dass man gegen den Wind aufkreuzen konnte. Man konnte sich nur vom Wind treiben lassen und musste gegebenenfalls so lange warten, bis sich die Windrichtung änderte. Doch wer zu weit hinaussegelte verlor entweder die Orientierung ( der Kompass war noch unbekannt ! ) oder wurde südwestlich von Europa von den Passatwinden erfasst. Kurz, wer zu weit hinaussegelte kam in der Regel auch nicht wieder zurück und so entstand die Überzeugung, dass die Erde eine Scheibe sein musste und wer zu weit hinaussegelt, fällt von dieser Scheibe herunter.
So legte der Mathematiker und Astronom Ptolemäus die westliche Grenze, der damals bekannten Erde auf die Straße von Gibraltar fest. Unter Richelieu wurde diese Grenze auf die westlichste kanarische Insel El Hero verschoben. Zu dieser Zeit, also im 16.Jahrhundert, zweifelten Kopernikus und Galilei an der Darstellungsform der Erde als Scheibe. Ihnen war aufgefallen, das ein Schiff, dass von See her kommend sich einem Hafen näherte, nicht sofort in voller Größe zu sehen war, sondern man sah zuerst nur die Masten und erst später den Rumpf eines Schiffes.
. . . und es geht weiter
Heinz Rose
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